Anleitung für Motorrad Tour Guides

Wie plane ich eine Motorrad Tour richtig?

Alles beginnt mit der Idee.

Am besten ist es wenn die Idee in Deinem Kopf entsteht und Du sie bereits längere Zeit in Deinem Unterbewusstsein verarbeitet hast. Dann beginne damit Deine Ziele diesbezüglich aufzuschreiben. 

Ort

Wo geht es hin?

Zeit

Wann & wie lange?

Form

Womit? Mit wem?

Ist es die richtige Zeit der Planung?

Die Planung einer großen, möglicherweise mehrere Wochen dauernden Motorradtour muß rechtzeitig beginnen, denn sie verlangt komplexe Überlegungen. Planung ist mehr als nur Motorradtechnik, Navi-Programmierung oder die Erstellung von Packlisten. Sie muß operativ sein und weitere grundsätzliche Parameter einbeziehen. Das erfordert Zeit für Recherche. Wie bereite ich mich selbst auf die Tour vor? Was möchte ich mir unterwegs ansehen? Welche interessanten Routen führen anmein(e) Ziele(e)? Was kostet mich das alles?

MOTORRADTOUR OPERATIV PLANEN

Lange, kilometerarme Wintermonate bieten die besten Voraussetzungen für die detaillierte Ausarbeitung einer großen Motorradtour in der schönen Jahreszeit. Soll unsere Tour so ablaufen, wie wir uns das vorgestellt haben, müssen wir zwei Dinge im Griff zu haben: Raum und Zeit. Von diesen beiden Grundfaktoren hängt in entscheidend ab,

ob und wie schnell wir unsere Ziele über eine größere Entfernung erreichen können
und wie wir dabei organisatorisch vorzugehen haben.

Die wichtigsten Grundlagen.

Maschine

Sie muß auch unter schwierigen Straßen- und Wetterverhältnissen die Dauerbelastung einer großen Tour verläßlich aushalten.

Strecke

Jeder verwendet Karten, Geräte und Verfahren, auf die er eingespielt ist.

 

Gepäck

Dies hängt letztlich ab von der Maschine, der Art der Tour und zahlreichen ganz persönlichen Optionen.

Teilnehmer

Wer fährt mit? Wer plant mit? Wie viele Guides? 

 

Die realistische Planung.

Die operative Tourenplanung richtet sich in erster Linie nach den individuellen Wünschen und Bedürfnissen. Von der Struktur her gelten die Einzelaufgaben jedoch für die Planung jeder größeren Tour:

  1. Welche Art von Tour?
  2. Wie meine Fitness und meine Fahrpraxis?
  3. Welche Tagesstrecke?
  4. Straßenverhältnisse und Verkehrslage?
  5. Wetterentwicklung?
  6. Was anschauen?
  7. Wie/wo übernachten: Hotel/Gasthof, Camping oder beides?
  8. Was kostet mich die Tour?
  9. Was könnte Unerwartetes kommen?

Ziel...

oder klassische Reise

Will ich in erster Linie Strecke machen, um mein Ziel zu erreichen (z. B. das Nordkap)? Oder lieber nur für zwei bis drei Wochen mit dem Motorrad herumfahren?

Fahrerlebnis...

oder Sehenswürdigkeiten

Was steht für mich im Vordergrund? Wo liegen meine Prioritäten? Meist wird es eine Mischung aus beidem sein, je nach Etappe, Streckenabschnitt oder Lust und Laune. Aber eingeplant muß es sein.

Solo...

oder in der Gruppe

Wer nur auf seine eigenen Wünsche Rücksicht zu nehmen braucht, ist unabhängig. Praktische Hinweise dafür findet er hier. Aber auch ein Gemeinschaftserlebnis kann toll sein. Dann muß man halt Wünsche, Vorlieben und Fahrpraxis der Rudelgenossen aufeinander abstimmen. Wie immer: Die Harmonie in der Gruppe zählt.

Körperliche und geistige Fitness, Fahrpraxis und Können.

Wer lange Touren unternehmen will, muß physisch und fahrtechnisch fit sein. Denn:

Fitness ist unerläßlich.
Motorradfahren ist Schwerarbeit, zumal im Gelände, im Gebirge oder mit Sozia. Ein Tag im Sattel erfordert Kraft, Ausdauer und Gelenkigkeit. Wer dies nicht ohnehin schon tut, sollte die Winterzeit nutzen, um sich die für das nötige Fitness anzutrainieren. Ein Fitnesstudio kostet nicht die Welt. Und Laufstrecken gibt’s umsonst.

Fahrpraxis ist durch nichts zu ersetzen.
Fahren, fahren, fahren. Schlechtes Wetter ist kein Grund, zu Hause zu bleiben. Je mehr Regen und Schmuddelwetter beim Fahrtraining herrschen, desto stärker wächst das eigene Vertrauen in die Fahrzeugbeherrschung. Und die Abhärtung für kommende Schlechtwetterperioden unterwegs.

Jede Stunde im Sattel ist eine Trainingsstunde.
Ausnahmslos. Mit gnadenloser Selbstkritik im stillen Kämmerlein. Deshalb ist nach der Wintersaison Training angesagt, egal ob mit Trainer beim ADAC oder alleine auf dem sonntagsleeren ALDI-Parkplatz.

Tagesetappen festlegen.

Wer eine große Motorradtour planen will, braucht eine realistische Vorstellung von Raum und Zeit. Die Länge und Einteilung der Tagesstrecke sind deshalb besonders bedeutsam. Dabei ist folgendes zu beachten:

Etappeneinteilung der Gesamtstrecke
Sobald die Gesamtstrecke grob festliegt, teile ich sie in etwa gleich lange Tagesetappen ein. Den größeren Teil der Tagesetappe absolviere ich vor meiner Mittagspause. Dann wird die Reststrecke einerseits überschaubarer. Andererseits ich kann mir schön Zeit lassen, um die Umgebung zu genießen und eine zusätzliche Pause einzulegen. Das ist unheimlich wichtig bei steigender Kilometerleistung und nachlassender Konzentration.

Kilometer ist nicht gleich Kilometer.
Nicht zu unterschätzen ist die Topographie meiner Reiseroute. Denn für meine Durchhaltefähigkeit macht es einen Unterschied: Spule ich 400 km mit Tempomat auf der Autobahn ab? Oder schlängele ich mich auf Landstraßen und durch Ortschaften? Oder winde ich mich auf Gebirgsstraßen in die Höhe. Im ersten Fall werde ich mich am Etappenziel gemütlich zu einem Kaffee niederlassen können. Nach einer Bergtour von 400 km dagegen werde ich wahrscheinlich ganz schön fertig sein.

Realistisch planen
Einen Gewaltmarsch kann man durchaus einmal einlegen. Manchmal geht es auch nicht anders. Aber es müssen nicht mehrere dieser Art hintereinander sein. Man sollte sich nicht zu viel zumuten, denn: Anstrengung kostet Konzentration. Die Reflexe lassen nach. Und das kann verdammt gefährlich werden!

Zeitpuffer einbauen
Was für die Tagesetappe gilt, gilt auch für die Gesamtstrecke. Gerade bei längeren Touren ist es wichtig, sich den einen oder anderen Tag freizuhalten. Für einen Strandaufenthalt z. B, eine Wanderung, eine Besichtigung oder einfach zum Gammeln. Die Erholung zahlt sich für die weiteren Etappen aus.

 

Rücksicht auf die Sozia

Wochenlang eng aneinander gekuschelt durch die Welt zu touren hat etwas für sich. Es kann aber auch Spannungen erzeugen. Und zwar gar nicht so selten. 

 

 

 

 

 

 

 

1. Empathie

Wenn Du eine gute Zeit haben möchtest hast Du immer die Wahl. Gibst Du Gas und fährst zu schnell und riskant hast Du Probleme. Lässt Du es ruhig angehen und zeigst ganz viel Einfühlungsvermögen ist Deine Tour ein Traum.

 

 

 

 

 

 

2. Pausen

Auch ist ihr Fahrerlebnis ein ganz anderes: Während der Fahrer vorne mit den Händen am Lenker Motorradfahren pur erlebt, muß die Sozia hinten auf die Fahrdynamik reagieren. Dabei leistet auch sie Körpereinsatz und hat ein entsprechendes Bedürfnis nach Ruhepausen. Auch hat sie einen anderen Streckenrhythmus als der Fahrer. Das muß er berücksichtigen und seiner Sozia jegliche Bequemlichkeit verschaffen. Denn sie soll ja gerne weiter mitfahren wollen. Bis zum Ziel.

 

3. Ruhetage

Nicht zu vergessen: Irgendwann bekommt auch die liebe Sozia ihren großen Hänger und mag nicht mehr. Dann helfen eigentlich nur ein, zwei oder drei Ruhetage mit einem schönen Erlebnisprogramm. Danach geht es dann wieder.

Außerdem habe ich bei unseren ersten gemeinsamen Langstrecken-Touren bei der Streckenplanung immer darauf geachtet: Sind große Bahnhöfe oder Flugplätze in der Nähe? Das hätte meiner lieben Sozia jederzeit die Möglichkeit gegeben, nach Hause zurückzukehren. So weit ist es aber nie gekommen.

Verkehr mit oder ohne Probleme.

Trubel...

vermeiden

Auf bestimmte Zeiten, Ereignisse, Orte und Strecken lasse ich mich erst gar nicht ein und plane deshalb meine Tour drum herum. Dazu gehören z. B. Ferienbeginn/-ende, Yosemite Park im Sommer, Hollister July 4th Motorcycle Rally, Ostern in Rom, San Gennaro in Neapel, hohe Marienfeiertage in Spanien, 14 juillet in Frankreich und ähnliches. Da ist alles verstopft, voll oder geschlossen. Das muß ich nicht haben.

Baustellen..

berücksichtigen

Sperrungen, Umleitungen
ebenso beachten. Hierzu lohnt es sich, die Informationen der jeweiligen Automobilclubs abzufragen. Oder besser noch: vorher zu vergleichbaren Zeiten die Streckenführung auf Google Maps aufzurufen. Da sieht man dann das Verkehrschaos live. Um etliches besser ist da Yandex in Russland (Stauanzeige auf Basis von Mobiltelefondaten). Diese Informationen sind aber nur für die Großstädte relevant.

Pässe...

Infos einholen

Wer schon einmal versucht hat, in einer sonnigen Juniwoche die Route des Grandes Alpes zu fahren, wird wahrscheinlich herb enttäuscht worden sein: Die schönsten Pässe waren noch gesperrt. Deshalb ist es keine schlechte Idee, im Internet einzeln abzuhaken, ob wirklich alle geplanten Alpenübergänge schon frei sind.

Flexibel...

sein

Eine Motorradtour planen und sie dann fahren sind zwei Paar Stiefel. Irgend etwas bringt unsere Tourenplanung immer durcheinander. Da hilft nur eines: Karte raus und die Strecke radikal umplanen. Manchmal bescheren gerade solche Änderungen tolle, unerwartete Tourenerlebnisse. Also kein Grund zur Enttäuschung.

Wetterverhältnisse kennen und im Auge behalten.

Wie gut ich auf meiner Tour vorankomme, hängt nicht zuletzt von den Wetterverhältnissen ab. Hält sich das Wetter ± moderat, ist ja alles in Ordnung. Aber Extremwetterlagen wie Hitzewellen, Schlechtwetterfronten oder Sturmtiefs können die akkurateste Tourenplanung durcheinander bringen. Schlimmstenfalls muß man das Sturmgebraus einen Tag über sich hinweg ziehen lassen und verbringt eine schöne Zeit im Museum oder in einem Wellness-Tempel. Hilfreich ist auf jeden Fall die Nutzung einer der zahlreichen Wetter-Apps, um die voraussichtliche Wetterentwicklung auf der geplanten Strecke zu verfolgen.

Die schönste App nützt aber nur wenig, wenn sie mit Algorithmen arbeitet, die sich an der Wetterentwicklung in den USA orientieren und nur in deutscher Übersetzung auf unserem Display aufscheinen. Deshalb sollten dem benutzten Wetterprogramm Rechenmodelle zugrunde liegen, die auf unsere landestypische Wetterentwicklung in Deutschland oder unseren Reiseländern ausgerichtet sind.

Darüber hinaus kann ich folgende landestypische Wetter-Apps empfehlen

Wie und wo, sowie was sehen wir dort zu welchem Preis?.

Budgetierung

Die klassische Art der Kostenberechnung besteht darin, die wahrscheinlichen Einzelkosten (Übernachtungen, Verpflegung, Sprit, Nebenkosten) im voraus zu ermitteln und zu addieren. Das kann man so machen. Aber diese Berechnung ist nie genau, nie verläßlich und auch nicht flexibel genug. Explodieren dann die Hotelkosten wegen einer Großveranstaltung am Zielort, fliegt einem die ganze Kalkulation um die Ohren.

Deshalb arbeite ich mit einer Pauschalberechnung, die sich (unter Berücksichtigung meines Lebensstils) über die Jahre bewährt hat. Dabei richte ich mich nach dem Berechnungsmodus des Bundesreisekostengesetzes (BRKG). Für das Ausland verwende ich die Auslandsreisekostenverordnung (ARV) mit ihrer angefügten Länderliste. Die darin enthaltenen Sätze für Tage- und Übernachtungsgelder sind zwar nicht besonders üppig. Aber auf einer Motorradtour kommt man schon ganz gut damit hin. Vor allem, wenn man als finanziellen Puffer das (fiktive) Kilometergeld einbezieht. Will ich mir eine schöne Zeit machen, gönne ich mir als Sahnehäubchen noch einen Multiplikator auf die Tagessätze.

Kostenkontrolle
Die klassische Methode, seine Reisekosten im Zaum zu halten, besteht in der Führung einer Ausgabenliste. Mittlerweile gibt es auch dafür jede Menge Apps. Ich verwende TravelSpend, eine recht simple, in der Basisversion kostenfreie und für unsere Zwecke vollkommen ausreichende App. Einfach die Ausgaben unter der betreffenden Rubrik eintippen (z. B. Übernachtung, Essen, Trinken) und man erhält zeitgleich eine rechnerische und graphische Übersicht über den aktuellen Ausgabenstand.

Wie übernachten?

Zunächst sollte man entscheiden, wie man reisen will: Mit Übernachtung im Gasthof/Hotel – B & B – Camping – oder eine Mischung davon. Das ist alles eine Sache der persönlichen Präferenz. Danach richtet sich die Ausrüstung, die mit auf Tour gehen muß.

Ich selbst habe genügend Biwaks hinter mir und bevorzuge deshalb eine feste Unterkunft. Das hat gewisse Vorteile: Wir kommen mit deutlich weniger Gepäck aus. Wir leisten uns den Luxus eines bequemen Bettes und eines Bades und können die Elektronik über Nacht im Zimmer aufladen. Im Zweifel kostet das etwas mehr. Aber auch dafür läßt sich Vorsorge treffen.

Wo übernachten?

Ich bin davon abgekommen, länger im voraus zu buchen. Ausnahme war eine Spanien-Tour, bei der wir in einem Dutzend Paradores übernachtet haben. Den Reaktionen nach, die wir in staubbedeckten Motorradklamotten am Hotelempfang bekamen, hätten wir ohne bestätigte Reservierung wohl nie ein Zimmer bekommen.Es hat sich bewährt, die Unterkunft zu Beginn des letzten Etappendrittels online oder telefonisch zu reservieren. 

Zu diesem Zeitpunkt hat man schon einen konkreteren Überblick, wie weit man an diesem Tag kommen wird. Damit ist man flexibel und erspart sich vor allem die frustrierende Sucherei nach einer Unterkunft, wenn man an diesem Tag eh schon genug gefahren ist. Außerdem haben wir als Spätbucher schon oft ein Restzimmer zum Vorzugspreis bekommen.

Sehenswürdigkeiten

Prioritäten setzen
Beim Planen einer Motorradtour, beim stetigen Sammeln von Informationen wächst der Wunsch, möglichst alle interessanten Ziele besuchen zu wollen. Zur Beruhigung: Das Maximalprogramm wird wohl kaum so laufen wie man das gerne hätte. Deshalb ist es nie schlecht, eine Prioritätenliste von Zielen aufzustellen, die man unbedingt besuchen möchte. Wenn dann noch Zeit, Lust und Gelegenheit für die übrigen Merkpunkte bleibt, umso besser.

Und zum Schluss: "Erwarte das Unerwartete".

Es kommt sicher